Voice onset time (VOT)

Die Voice Onset Time, kurz VOT, tritt bei Plosiven auf und beschreibt die Zeit zwischen der Verschlußlösung, beziehungsweise der Geräuschbildung (burst), und dem Einsatz der Stimme. Man unterscheidet zwischen einer positiven und einer negativen VOT. Sie wird dann als negativ bezeichnet, wenn der Stimmton schon vor der Verschlußlösung einsetzt. Positiv dagegen ist sie, wenn der Stimmton erst nach der Verschlußlösung einsetzt. Bei einer positiven VOT sind verschiedene Abstufungen zu erkennen. Wenn der burst hörbar ist, so wird der Plosiv mit [+stimmlos, +aspiriert] bezeichnet. Setzt der Stimmton früher ein wird der Plosiv mit [+stimmlos, -aspiriert] klassifiziert.

Bisherige Untersuchungen der VOT lieferten Evidenz dafür, dass verschiedene Sprachen voneinander differierende Kategorien für die Plosivrealisierung haben.

Cho und Ladefoged untersuchten 18 Sprachen und belegten, dass Unterschiede in der VOT zunächst phonologischen Regeln unterliegen und physiologische und aerodynamische Ursachen haben, aber auch, dass diese sprachspezifischer Natur sind. Um eine Klassifizierung der Sprachen zu ermöglichen, werden diese in drei verschiedene Klassen eingeteilt:

a) die 2-Kategorien-Sprachen
b) die 3-Kategorien-Sprachen
c) die 4-Kategorien-Sprachen

Der Einteilung zugrunde liegen 4 Varianten zur Beschreibung von Plosivrealisationen:

1. [+VOICE , -ASPIRIERT]
(2. [+VOICE , +ASPIRIERT])
3. [-VOICE , -ASPIRIERT]
4. [-VOICE , +ASPIRIERT]

Da die 4 Variationen in nur 3 zeitlichen VOT-Bereichen liegen, wird die zweite Variation weggelassen. Zur Klassifikation der Sprachen benutzen Cho und Ladefoged zum Einen die drei Variationen, aber zum Anderen auch weitere Kriterien:

a) Phonologische Regeln (Wahl der Kategorie: [+STIMMHAFT] oder [-STIMMHAFT, +ASPIRIERT] oder [- STIMMHAFT, -ASPIRIERT] -> modaler VOT-Wert)
b) Sprachenspezifische phonetische Regeln (Markierung der Zielwerte der Zeitspanne zwischen artikulatorischen und laryngalen Aktivitäten für die VOT)
c)Universelle phonetische Implementationsregeln (Automatische physiologische und aerodynamische Prozesse)
d) Sprachsignal (VOT-Werte)

VOT im Sprachvergleich

Deutsch

Die VOT von Fortisplosiven sowie von Lenisplosiven variiert in Anbetracht der Artikulationsstelle. Dabei haben labiale Plosive die kürzeste VOT. Des Weiteren ist die VOT von Fortisplosiven kürzer je stärker die prosodische Grenze ist.

Englisch

Im Englischen haben stimmhafte Plosive eine kurze VOT, stimmlose Plosive eine lange VOT. Das Englische unterscheidet stimmlose und stimmhafte Plosive. Die perzeptive Unterscheidung erfolgt durch die Aspiration, da die stimmlosen Plosive in der Regel mit Aspiration produziert werden.

Französisch

Im Französischen ist die VOT der Plosive in der Regel sehr kurz, wodurch wenig bzw. gar keine Aspiration entsteht.

Untersuchungsmöglichkeiten der VOT

Neben akustischen Messmethoden wie z.B. anhand von Spektrogrammen und Oszillogrammen, sind auch perzeptive Untersuchungen zu finden. Wird die VOT akustisch untersucht, so kann man diese in vier verschiedene Messpunkte unterteilen: Verschlussbildung, Stimmhaftigkeit (falls vorhanden) während des Verschlusses, Ende des Verschlusses und Ende der Verschlusslösung bzw. des Bursts (Aspiration).

Literatur zur VOT

Abramson, Arthur S. and Lisker, Leigh (1973) Voice – timing perception in Spanish word initial Stops. Journal of Phonetics 1

Baran, J. A., Laufer, M. Z. and Daniloff, R. (1977) Phonological contrastivity in conversation: a comparative study of voice onset time. Journal of Phonetics, 5, 339 – 350

Caramazza, A. and Yeni – Komshian, G. H. (1974) Voice onset time in two French dialects Journal of Phonetics 2, 239–246

Cho, Taehong and Peter Ladefoged (1999) Variations and universals in VOT: evidence from 18 languages. Journal of Phonetics, 27, 207-229

Deterding, David and Nolan, Francis (2007) Aspiration and voicing of Chinese and English plosives ICPhS XVI, 385-388

Kewley – Port, Diane and Preston, Malcom S. (1974) Early apical stop production: A voice onset time analysis Journal of Phonetics, 2, 195-210

Taitelbaum-Swead, Riki, Hildesheimer, Minka, Kishon-Rabin, Liat (2007) The effect of age on acoustic cue weighting in the perception of initial stop voicing contrast in Hebrew ICPhS XVI, 705-708

Theodore, Rachel M., Miller, Joanne L., DeSteno, David (2007) The effect of speaking rate on voice-onset-time is talker-specific ICPhs XVI, 473-476

Winitz, Harris, La Riviere, Conrad and Herriman, Eve (1975) Variations in VOT for English initial stops Journal of Phonetics, 3, 41–52

Link

Hier noch ein Link zu VOT-Messungen im Deutschen und Polnischen.



Z U R Ü C K


© 2007 Reinhold Greisbach (Institut für Linguistik - Phonetik)
Universität zu Köln

Erstellt von den Teilnehmern
des Seminars Forschungsmethoden im WS 07/08
am IfL-Phonetik der Universität zu Köln

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