In der Phonetik werden drei verschiedene Ebenen unterschieden: die auditive, die akustische und die artikulatorische Ebene. Aspiration wird folgendermaßen definiert:
auditive Definition:
"Auditiv beurteilt ist die Aspiration (im engeren Sinne) ein auf die artikulationsstellenspezifische Affrikation folgender Hauchlaut."[Neppert 1999:208]
artikulatorische Definition:
"Die Aspiration ist in ihrem zeitlichen Ablauf zunächst nicht eine durch das Ansatzrohr gefilterte glottale, sondern eine am Artikulationsort des Plosivs im Mundraum erzeugte Turbulenz, d.h. ein lokaler Frikativ. [Kohler 1995:158]
akustische Defintion:
"Aspiration ist akustisch durch das Fehlen von spektraler Energie im ersten Formanten des auslaufenden Konsonanten im Übergang zum nachfolgenden Vokal charakterisiert." [Neppert 1999:208]
Defintion nach Hall:
"Eine laryngale Artikulation, die bei Konsonanten auftritt, ist die Aspiration."[Hall 2000:19]
Es handelt sich hierbei um subjektive Definitionen der Autoren, die teilweise stark voneinander abweichen und so dahingestellt seien. Allgemein und vereinfacht kann man aber sagen, dass Aspiration ein s.g. "Friktionsrauschen" ist, welches nach einer Engebildung/Verschluss im Ansatzrohr entsteht, da die Artikulatoren zu träge sind und die Glottis zu weit gespreizt ist, um sofort wieder schwingen zu können.
Aspiration im Deutschen
Im Deutschen sind in der Regel alle stimmlosen Plosive aspiriert, wohingegen die stimmhaften Plosive keine Aspiration vorweisen.
Beispiel für eine Dreieropposition: stimmhaft vs. stimmlos unapiriert vs. stimmlos aspiriert
Dreiwegkontrast im Armenischen (Peter Ladefoged: A course in phonetics) |
Forum Phoneticum:
Vergleich zum Französischen:
Die s.g. stimmhaften Verschlusslaute des Deutschen sind in Wirklichkeit Lenis und wenig oder gar nicht stimmhaft. Sie stehen daher artikulatorisch und auditiv genau in der Mitte zwischen den tatsächlich gut stimmhaften Verschlusslauten und den stimmlosen unaspirierten Verschlusslauten des Französischen. Die stimmlosen Verschlusslaute sind also im Deutschen in den meisten Stellungen aspiriert, im Französischen unaspiriert --> "Tee" vs "thé"
Scottish Gaelic:
The aspirated stop phonemes have two principal allophones each:
(1) postaspirated stem initially or before stress, preaspirated medially and finally.
(2) Sub allophones
(1) The formulation "or before stress" takes care of the very rare cases where stress is on the second syllable of the stem, as in "Catherine" (both stops postaspirated).
(2) Placing the phonemic symbol for aspiration after the stop letter is an arbitrary choice. It is partly conditioned by the fact that postaspiration is more universal than preaspiration, partly by Latin writing traditions. It would be preferable to use two different symbols for a pair of stops differentiated by the presence or absence of aspiration, or at least to have a diacritic for aspiregard (1) palatalization......
Australian English:
Peter Ladefoged,Ian Maddieson The Sounds of the Worlds Languages Oxford 1996, S.66-70
NEPPERT, Joachim M.H. 1999. Elemente einer akustischen Phonetik. Hamburg:Helmut Buske Verlag
KOHLER, K.F. 1995. Einführung in die Phonetik des Deutschen. Berlin: Erich Schmidt Verlag
HALL, T. Alan 2000. Phonologie - Eine Einführung. Berlin; New York: de Gruyter
Chin-Wu Kim
A Theory of Aspiration
IN: Phonetica, S. Karger AG Basel 1970, S. 107 - 116
Dieser Aufsatz hatte zum Ziel eine neue Definition der Aspiration darzustellen und diverse phonologische Phänomene, die die Aspiration beinhalten, zu untersuchen.
Es wurden koreanische Verschlusslaute untersucht.
Koreanisch hat 3 Arten von Plosiven, alle stimmlos, die sich u.a. in dem Grad der Aspiration unterscheiden, wofür die Dauer der Aspiration gemessen wurde.
Es wurden Filmaufnahmen des laryngalen Bereichs gemacht. Dabei konnte man die Größe der glottalen Öffnung und die Distanz zwischen den Stimmlippen am engsten Punkt entlang der Achse messen.
Diese wurden ins Verhältnis zur Zeit gesetzt. So konnte eine Verbindung zwischen dem Grad der glottalen Öffnung zum Zeitpunkt der Verschlusslösung und dem Grad der Aspiration hergestellt werden.
Die Länge der Aspiration oder Stimmlosigkeit scheint der Zeit zu entsprechen, die von der Glottis benötigt wird, um sich für die Vibration des folgenden Vokals zu schliessen.
Je enger die Glottis also zum Zeitpunkt der Verschlusslösung ist, umso schneller werden die Vibrationen einsetzen. Und umgekehrt, je weiter die Glottis ist, umso länger ist die Zeit zwischen der Verschlusslösung und dem Einsetzen der Stimmhaftigkeit und damit auch die Aspiration.
Die Aspiration scheint also nichts weiter zu sein als eine Funktion der Glottis-Öffnung zum Zeitpunkt der Verschlusslösung.
Traditionell wurde Aspiration vorher als eine glottale Friktion bezeichnet, und Kim verband sie nun mit einer glottalen Öffnung. Er verfocht, dass die Turbulenzen der Aspiration nicht, wie vorher angenommen, an der Glottis sondern an der Verengung für den folgenden Vokal entsteht.
Er widerlegte auch HEFFNERS Statement, dass der Grad der Energie der Aspiration durch den Druck der während dem Verschluss dahinter aufgebaut wurde zustande käme, da der Grad der Aspiration in keiner Relation zum Grad der Luftkompression oder dem supraglottalen Druck steht.
© 2007 Reinhold Greisbach (Institut für Linguistik - Phonetik)
Universität zu Köln
Erstellt von den Teilnehmern
des Seminars Forschungsmethoden im WS 07/08
am IfL-Phonetik der Universität zu Köln