Artikulation

Artikulation ist ein physiologischer Prozess durch den Sprachlaute entstehen. Dies geschieht durch die Beeinflussung des Luftstroms im Ansatzrohr. (Ansatzrohr bezeichnet den Bereich von Rachen-, Mund- und Nasenraum)


Artikulatoren

Beeinflusst wird der Luftstrom durch die Artikulatoren. Man unterscheidet sie in Artikulationsorgane und in Artikulationsstellen. Die Artikulationsorgane sind relativ beweglich, man bezeichnet sie deshalb auch als aktive Artikulatoren. Die eher unbeweglichen Teile werden auch passive Artikulatoren genannt.

Artikulationsorgane

Zu den Artikulationsorganen (aktive Artikulatoren) gehören die beweglichen Teile im Ansatzrohr. Es sind:

  1. Die Lippen (Labia; sg. Labium)
    Ober- und Unterlippe bilden den vorderen Verschluss des Mundraums. Sie bestehen aus einer Vielzahl kleiner Muskeln, dass so auch minimale Bewegungen möglichen sind. Für die Artikulation sind jedoch nur zwei Bewegungen von besonderer Bedeutung. Nämlich die Lippenrundung und im Gegensatz dazu die Verschlussbildung. Hauptsächlich ist der ringförmige M. orbicularis oris an den Bewegungen beteiligt. Bei der Lippenrundung kann es auch zu einem Vorstülpen der Lippen kommen. Beim Schließen lassen sich die Lippen spannen und bilden so einen festen Verschluss. Auf die Rundung der Lippen wirkt sich auch ein zweites Artikulationsorgan aus: Der Unterkiefer

  2. Der Unterkiefer (Mandibula)
    Der Unterkiefer kann gehoben und gesenkt werden. Dadurch kann der Kiefernwinkel von Ober- zu Unterkiefer verändert werden. Dies wirkt sich aus auf die Rundung der Lippen. Beim Absenken wird der Winkel größer und auch der Kreis wird größer, beim Anheben des Unterkiefers wird der Winken kleiner und auch der Kreis wird dementsprechend kleiner.
    Zudem kann der Unterkiefer auch noch vorn und nach hinter verlagert werden. Dies dient der Koordination mit den anderen Artikulatoren, insbesondere Der Zunge.

  3. Die Zunge (Lingua)
    Bei der Zunge handelt es sich um einen Muskelkörper. Er ist mit einer Schleimhaut überzogen und ist für eine phonetische Beschreibung in Bereiche eingeteilt. Von vorn nach hinten sind das die Bereiche:

    Zungenspitze und Zungenblatt werden auch als Zungenkranz (Corona) zusammengefasst.

    Die Zunge ist ein wahrer Bewegungsspezialist. Der Zungenkörper kann sich Vorschieben und Zurückziehen. Die Zungenspitze, der Zungenrücken sowie die Zungenränder können sich jeweils Heben und Senken. Als Retreofelxion bezeichnet man das Zurückbiegen der Zunge. Zudem kann die Zunge ihre Form verändern. Sie kann sich Verlängern oder Verkürzen. Sie kann Rillen, Vertiefungen und Erhöhungen bilden. Sowie eine konvexe oder konkave Form. Diese uneingeschränkten Bewegungsmöglichkeiten machen die Zuge zu dem besagten Bewegungsspezialisten.


  4. Das Gaumensegel (Velum)
    Das Gaumensegel wird auch „weicher Gaumen“ genannt. Es endet hinten in dem beweglichen Gaumenzäpfchen (Uvula). Dies soll die Abgrenzung zum Palatum durum, dem „harten Gaumen“, dienen. Die Aufgabe des Gaumensegels ist es den Nasenraum, gegenüber dem Mund- und Rachenraum, entweder zu schließen oder zu öffnen. Ist es gehoben, so ist die Verbindung zum Nasenraum geschlossen. Ist es gesenkt, so ist die Verbindung geöffnet. (So ist auch die Stellung beim Atmen durch die Nase.) Die artikulatorische Hauptaufgabe ist es, den Nasenraum für den pulmonalen Luftstrom entweder zu verschließen oder öffnen. Normalerweise ist beim Sprechen das Gaumensegel gehoben, nur bei Nasalen Lauten wird es gesenkt.

  5. Der Rachen (Pharynx) Der Rachen ist der hintere Abschnitt des Ansatzrohrs. Seine Aufgabe ist es hauptsächlich als Resonanzraum zu dienen. Die Form des Rachens wird durch die Rachenmuskulatur bestimmt. Sowie durch Bewegungen von Kehlkopf und Zunge. Nur wenn der Rachenraum groß genug ist, sodass alle Artikulationsorgane frei beweglich sind, kann eine differenzierte Sprachlautbildung erfolgen.
    (Dieser benötigte Platz findet sich nur beim erwachsenen Menschen)

Artikulationsstellen

Als Artikulationsstellen bezeichnet man die eher unbeweglichen Artikulatoren. Daher nennt man sie auch passive Artikulatoren. Die Bezeichnung „passiv“ oder „unbeweglich“ ist jedoch nicht ganz richtig. Genau genommen sind nämlich auch die Artikulationsstellen mehr oder weniger beweglich. Nur die Zähne, der harte Gaumen und der Zahndamm sind wirklich unbeweglich. Die Artikulationsstellen sind die Punkte, auf die sich die Artikulationsorgane zugbewegen.
Nichtsdestotrotz gehören zu den relativ unbeweglichen Teilen des Ansatzohres auch:


Die wirklich unbeweglichen Artikulationsstellen sind:

Die Bezeichnung in den Klammern ist die übliche Beschreibung der Artikulationsstellen in der Phonetik

Wie man sieht, gibt es Übereinstimmungen bei Artikulationsstellen und Artikulationsorganen. Der Rachen die Lippen, Gaumenzäpfchen und Gaumensegel wurden bereits bei den Artikulationsorganen genauer beschrieben. Auch der Kehlkopf wurde unter dem Punkt Phonation genauer betrachtet. Zu Beschreiben bleiben also noch die Zähne, der Gaumen und der Zahndamm.

  1. Die Zähne (Dentes)
    Hierbei sind eigentlich nur die oberen Schneidezähne von Bedeutung. Unterschieden wird jedoch noch, ob sich bei der Lautbildung die Zungenspitze oder das Zungenblatt, also das Artikulationsorgan, hinter den oberen Schneidezähnen befindet oder zwischen ihnen und den unteren Schneidezähnen. Befindet sich das Artikulationsorgan hinter den Schneidezähnen so heißt die Artikulationsstelle addental. Ist es zwischen den Schneidezähnen interdental.
  2. Der Gaumen (Palatum)
    Er besteht aus hartem Gaumen und weichem Gaumen. Der weiche Gaumen wird auch als Gaumensegel bezeichnet. Die dortige Artikulationsstelle heißt velar. Die Artikulationsstelle am harten Gaumen heißt palatal. Der harte Gaumen (Palatum durum) ist das „Dach“ der Mundhöhle. Daher auch der Begriff tektal (Dach = Tectum). So wird der Zusammenschluss von der velaren und der palatalen Artikulationsstelle genannt.
  3. Der Zahndamm (Alveoli dentales)
    ???

Artikulationsarten

Durch das Zusammenspiel von Artikulationsorganen und Artikulationsstellen, also wie nahe ein Artikulationsorgan an einer Artikulationsstelle ist, können unterschiedlichste Laute erzeugt werden. Der Laut entsteht durch die Hemmung oder die Modifizierung des Luftstroms im Ansatzohr. Daraus ergibt sich nun die folgende Klassifizierung von Artikulationsarten (Artikulationsmodi).

  1. Plosive
  2. Bei der Bildung von plosiven Lauten wird der Luftstrom vollständig blockiert. Auch der Nasenraum ist durch das gehobene Velum verschlossen. Durch die Wiederfreisetzung des Angestauten Luftstroms, kommt es zu einer kleinen „Sprengung“ die den Ton erzeugt. Ein bilabialer Plosiv wäre z.B. < b >. Ein dentaler Plosiv wäre < t > oder auch < d >.
  3. Nasale
  4. Auch bei den Nasalen liegt ein totaler oraler Verschluss vor. Doch den nasalen Konsonanten senkt sich das Velum und der Nasenraum ist geöffnet. Die Luft kann jetzt durch die Nase ausströmen. Der Nasenraum wird somit zu einem Resonanzraum. Nasale sind außerdem meistens stimmhaft. Nasale sind zum Beispielt < m > und < n >.
  5. Vibranten
  6. Vibranten (auch Trill genannt) sind Laute bei dem es zu einer schnellen Abfolge von Verschluss und Öffnung kommt. Dies geschieht indem Artikulationsstelle und Artikulationsorgan sich nach einem kurzen Kontakt sofort wieder lösen und es dann zu einem erneuten Kontakt kommt. Diesen Vorgang nennt man auch intermittierter Verschluss. Der Artikulatoren sind nur passiv für diese schnellen Bewegungen verantwortlich, denn es ist der starke Luftstrom, der sie zum Flattern bringt. Man unterscheidet drei Vibranten: a) Stimmhafter bilabialer Vibrant [B] b) Stimmhafter alveolarer Vibrant [r] c) Stimmhafter uvularer Vibrant [R]
  7. Taps
  8. Als Tap bezeichnet man in der Phonetik einen Konsonanten, der durch eine einmalige an den Artikulationsort tippende Bewegung der Zunge entsteht. Die Zungenspitze startet beim Tap aus der Ruhelage.
  9. Flaps
  10. Als Tap bezeichnet man in der Phonetik einen Konsonanten, der durch eine einmalige an den Artikulationsort tippende Bewegung der Zunge entsteht. Die Zungenspitze bewegt sich jedoch nach der Artikulation in die Ruhelage.
  11. Frikative
  12. Bei den Frikativen wird eine Engstelle gebildet, die die ausströmende Luft verwirbelt und einen Reibelaut erzeug. Im Deutschen werden z.B. die Konsonanten < s >, < f > oder < v > so gebildet. Bei den meisten bekannten Lauten handelt es sich um Frikative. Zudem gibt es laterale Frikative.
  13. Approximanten
  14. Wenn man die Bildung von Approximanten betrachtet, so liegen sie zwischen Vokalen und Frikativen. Denn Sie bilden zwar eine Verengung, diese ist jedoch nicht so stark, dass ein Reibegeräusch entsteht. Der Luftstrom ist aber auch nicht so unbeeinflusst wie bei Vokalen. Durch die Ähnlichkeit der Approximanten zu den Vokalen werden sie auch als Halbvokale bezeichnet. Außerdem gibt es noch laterale Approximanten.
  15. Laterale
  16. Bei den Lateralen kommt es zwar zu einen zentralen Verschluss längs der Mittellinie im Mundraum, jedoch ist es dem Luftstrom möglich seitlich (lateral) zwischen Zungenrand und Zahndamm auszuströmen. Ist diese Öffnung groß genug, so gibt es kein Reibegeräusch und man spricht von einem Lateralapproximanten. Ist sie kleiner so gibt es ein Reibegeräusch und es handelt sich um einen Lateralfrikativ.

Wird der Luftstrom beim Ausströmen nicht behindert handelt es sich bei dem Laut um einen Vokal. Der Luftstrom und somit auch der entstehende Laut, wird hier nur noch durch die Veränderung der Form des Ansatzohrs beeinflusst. Die Form wird beeinflusst durch die Lage der Zunge, die Kiefernöffnung und die Lippenrundung.

--> Grafik zu Vokalen <--


Z U R Ü C K


© 2007 Reinhold Greisbach (Institut für Linguistik - Phonetik)
Universität zu Köln

Erstellt von Marvin Plate im Rahmen
des Seminars Phonetik des Deutschen im SS 07
am FB 07 der Universität Osnabrück

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